Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums e.V.

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Berichte chronologisch

Dez 2016: Menschen: Verena Lepper, Kuratorin am Ägyptischen Museum und Papyrussammlung
in New York ...

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich bin gerade in New York, wo ich das große Privileg genieße, an Elephantine-Papyri im Brooklyn Museum arbeiten zu können. 1947 erhielt das Museum zahlreiche Papyruskisten von der Tochter eines großen Ägypten-Reisenden, Charles Edwin Wilbour.
Dank der Parallelen zu den Berliner Objekten, die auf der Nilinsel Elephantine Anfang des 20. Jahrhunderts durch Archäologen der Königlichen Museen ausgegraben wurden, können wir nun auch diesen Papyri Elephantine als Herkunftsort zuweisen. Diese Arbeit kann ich dank meines ERC-Grant Projektes ELEPHANTINE hier durchführen. Die Berliner Projekt-Restauratorin Tzulia Siopi hat mich auf meiner
Forschungsreise begleitet und es ist ihr hier mit den Kollegen vor Ort gelungen, zwei Papyrus-Rollen zu entblättern. Diese Rollen waren seit mehr als 2500 Jahren verschlossen und es ist schon ein sehr besonderes Gefühl, diese nun erstmals lesen zu können. Es handelt sich um bis zu anderthalb Meter lange Rollen in hieratischer, also kursiver Hieroglyphen-Schrift, die Texte magischen Inhalts preisgeben.
Die Ergebnisse meiner Forschung kann ich hier auch mit Fachkollegen diskutieren, so etwa letzte Woche bei einem Vortrag an der Universität Princeton oder diese Woche an der Universität Harvard.

Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?

Mein Berufsalltag ist sehr vielfältig, neben der Forschung an den Papyri erhalte ich viele Fachanfragen von Kollegen weltweit, die sich austauschen möchten und eine Beratung zu Berliner Objekten benötigen. Natürlich gehen auch zahlreiche Anfragen von Laien bei mir ein, die das Neue Museum besucht haben und Fragen zur Papyrusausstellung haben, die eine der größten Papyrusausstellungen der Welt ist. Ich finde diese Anfragen genauso wichtig, da wir ja ein breites Publikum erreichen wollen. So ist es selbstverständlich, dass wir versuchen, so viele Objekte wie möglich auch online zugänglich zu machen, etwa durch das Portal SMB digital. Ich habe in der Papyrussammlung beispielsweise gerade ein Projekt zum Abschluss gebracht, das 1000 Papyri aus der Berliner Sammlung für einen Online Auftritt bereithält. Ansonsten betreue ich verschiedene Ausstellungen und kuratiere gerade eine solche zu Erzählkulturen für 2017 in Katar.

Was mögen Sie am meisten an Ihrem Beruf?

Die bereits erwähnte Vielseitigkeit. Wenn ich morgens ins Büro komme, weiß ich letztlich nie vorher, wie der Tag aussehen wird. Spannende Überraschungen gibt es eigentlich immer. Beispielsweise erreichte mich jüngst eine Anfrage einer spanischen Studentin, die meinte, Papyrus-Fragmente in einem Museum auf Mallorca entdeckt zu haben, die zu einem berühmten Berliner Stück passten. Ich war hier sehr skeptisch. Die Studentin kam dann nach Berlin und wir schauten gemeinsam die Fotos und die Originale an. Und siehe da, einer der wichtigsten ägyptischen Papyri der Weltliteratur, der Dialog eines Mannes mit sich selbst über die Selbstmord-Frage, konnte durch die Fragmente aus Spanien komplettiert werden. Hier in New York befinden sich übrigens weitere Fragmente, die zu diesem Berliner Papyrus gehören und die ich gestern in der berühmten Morgan Library betrachten konnte. Die Kollegen dort waren natürlich sehr an einer Zusammenarbeit interessiert.

Und was am wenigsten?

Es sollte eigentlich nur Herausforderungen geben.

Was ist das kurioseste oder aufregendste Erlebnis, das Sie mit Ihrem Job verbinden?

Ich denke, das eine oder andere habe ich oben schon genannt. Dass wir durch das Entziffern von Texten mehr und mehr die Kulturgeschichte des Alten Ägypten erschließen können. Jedes Fragment kann unseren Erkenntnisstand erweitern oder gar gänzlich umkrempeln. Das finde ich besonders aufregend. Neulich habe ich ein Fragment eines Briefes aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend bearbeitet, der vermutlich älteste Brief der Welt, der von einer Frau geschickt wurde.

Letzte Frage: Was würden Sie nachts allein im Museum tun?

Die Ruhe zum Denken genießen und mich von den altägyptischen Objekten dabei inspirieren lassen

Quelle: blog.smb.museum/was-macht-eigentlich-verena-lepper-kuratorin-am-aegyptischen-museum-und-papyrussammlung

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