Im März dieses Jahres traten 164 Spitzenobjekte aus 10 Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin ihre Reise nach Japan an, um zunächst in Tokyo (5. April - 12. Juni), dann in Kobe (9. Juli - 10. Oktober) die Vision des Göttlichen in der Kunst durch fünf Jahrtausende zu zeigen.
Die ägyptische Sammlung war - sieht man von der Münzsammlung ab - mit 34 Objekten am stärksten vertreten, darunter Meisterwerke wie der Amarna Hausaltar und das Teje-Köpfchen. Aber auch die anderen Museen öffneten ihre Schatzkammern: Das Museum für Vor- und Frühgeschichte schickte seinen Goldhut, das Vorderasiatische Museum seinen berühmten sumerischen Beter, die Antikensammlung Caracalla und Kleopatra, das Islamische Museum trennte sich von einem, weltweit nur in drei Exemplaren erhaltenen Koranständer, die Skulpturensammlung ließ eine Riemenschneider-Figur reisen und Gemäldegalerie und Alte Nationalgalerie waren mit Rubens, Raffael, C. D. Friedrich und Manet vertreten.
In Tokyo standen in einem separaten, 1990 errichteten und nach Architektenaussage völlig erdbebensicheren Neubau des National Museums rund 4000
qm Sonderausstellungsfläche zur Verfügung. Hier konnten die Exponate wahrhaft erhaben inszeniert werden. Aber trotz der räumlichen Weite erforderte die Aufstellung der sieben monumentalen und tonnenschweren Objekte (zwei vom Vorderasiatischen Museum und fünf aus der ägyptischen Sammlung) viel Geschick und Geduld, sie sanft auf ihre Sockel zu heben.
Die Ausstellung verfolgte zwei Aspekte: einerseits sollte die Einmaligkeit der Museumsinsel in Berlin präsentiert werden, die in fünf Museumsbauten zehn verschiedene Sammlungen beherbergen (wird) und damit über 10.000 Jahre Kulturgeschichte abdeckt; andererseits waren die Highlights aus den Sammlungen unter dem Aspekt des 'Göttlichen in der Kunst' ausgewählt worden. Ein 45 Sekunden (!) dauernder Videospot mit eigens dafür 'komponierter' rasanter Popmusik stellte die Museumsinsel vor. Danach konnte der Besucher in einen ruhigen Augenschmaus eintauchen. Lange Sichtachsen, optimale Beleuchtung und sanfte Hintergrundfarben umhüllten die Objekte mit einer göttlichen Aura, die aber bei 4000 - 8000 Besuchern pro Tag sicher nicht immer richtig zur Geltung kommen konnte.
Nach nur zweimonatiger Ausstellungsdauer in Tokyo wurden die Objekte nach Kobe geschickt, das durch sein großes Erdbeben vor 10 Jahren traurige Berühmtheit erlangt hat. Das City Museum, das in den 1930er Jahren gebaut worden und beim großen Erdbeben mit nur leichten Senkschäden davongekommen war, nahm als zweite Station die göttlichen Exponate auf. Da hier nur ungefähr halb soviel Ausstellungsfläche wie in Tokyo zur Verfügung stand, kehrten die großformatigen Objekte vorab nach Berlin zurück. In der kleineren und - im Gegensatz zu Tokyo - auf drei Etagen verteilten Ausstellung büßten die Exponate ein wenig ihrer Aura ein. Während in Tokyo die klimatischen Verhältnisse innen wie außen durchaus erträglich waren, stellten diese in Kobe sowohl die Kuriere als auch die Objekte auf eine harte Probe. Es hatte gerade die Regenzeit begonnen, die Temperaturen von 35° C bei einer Luftfeuchtigkeit von 100 % mit sich brachte. Um für die Objekte ein einigermaßen konstantes und 'trockenes' Klima zu erreichen, wurden die Innentemperaturen auf 17° C heruntergekühlt. Die Kuriere zitterten deshalb der Mittagspause entgegen, um sich draußen aufwärmen zu können. Ansonsten verlief der Aufbau - treppauf und treppab - in der nun schon wohlbekannten japanischen Ruhe und mit den entsprechenden Ritualen. Kein Arbeitstag begann ohne die offizielle morgendliche Begrüßung (mit Verbeugung), bei der alle Beteiligten pünktlich zu erscheinen hatten. Um 12 Uhr begab man sich zu einer einstündigen Mittagspause und der Nachmittag wurde durch eine Teestunde verkürzt. Jeder Arbeitsschritt wurde zunächst diskutiert und dann in aller Sorgfalt ausgeführt. Dem deutschen Temperament begegneten die Japaner mit einer beeindruckenden Ruhe, und sicherlich führten gerade diese Gegensätze zum erfolgreichen Aufbau. Domo aligato nach Japan und vielen Dank den deutschen Kurieren.
Olivia Zorn
(Artikel der Mitgliederzeitschrift aMun)