Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums e.V.

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Berichte chronologisch

Jan 2004: Objekte: Glücksfund:
Fragmente thebanischer Wandmalerei

Mehr zufällig blätterte ich noch einmal in dem Katalog des Londoner Auktionshauses Bonham's vom 30. Oktober 2003, in dem viele altägyptische Kleinobjekte angeboten wurden, beglückwünschte in Gedanken meine Münchner Kollegin, die einen stark beschädigten kleinen Statuentorso, der in diesem Katalog als 'Spätzeit' deklariert und zu einem Spottpreis ausgezeichnet war, als Mittleres Reich erkannt hatte (das Stück ist inzwischen glücklich in München gelandet, noch unter dem Spottpreis), und wollte ihn mit dem für Berlin nicht untypischen Fazit 'haben wir schon alles' weglegen - da fiel mein Blick auf eine winzige Abbildung von Fragmenten thebanischer Wandmalereien. Lot 425 war beschrieben als Three heavily restored Egyptian limestone polychrome painted frescoe fragments, und entsprechend niedrig war der Schätzpreis. Kein Zweifel: Die drei Fragmente zeigten in Ikonographie und Stil der nach links blickenden Frauen-, figuren so große Ähnlichkeit mit zwei Wandmalereien im Ägyptischen Museum Berlin, dass die Herkunft all dieser Malereien aus ein und demselben Grab als sicher angenommen werden konnte. Die Berliner Malereien, als Kunstwerk des Monats Juni 2002 und durch die Abbildung im ,Inselkatalog' (Nummer 49) bekannt, wurden im Jahr 1900 von Heinrich Schäfer in Giza erworben.

Trotz dieses Erwerbungsortes gehören sie zu den Wandmalereien aus dem oberägyptischen Theben, in den Kontext einer großen Gastmahlszene, bei der die Damen der Gesellschaft in weißen Kleidern, üppigen Perücken und Blumenschmuck im Haar am Schönen Fest im Wüstental teilnehmen, dem großen Totenfest, bei dem sich - der Noche de los muertos in Metfiko vergleichbar - die Lebenden und die Verstorbenen in einem gewaltigen Fest versammeln. Auf einem der neuen Fragmente ist der Rand eines Gefäßes erkennbar, das einer der Damen zum Trank gereicht wird, auf einem anderen ist eine Musikantin dargestellt, die eine Leier hält.

Linienführung, Farbigkeit, Tracht und Gesichtsausdruck sind auf den Berliner Stücken und den drei Fragmenten nahezu identisch. Der Stil der Malereien weist sie der ersten Hälfte der 18. Dynastie zu, der Zeit um 1500 bis 1450 vor Christus. Die Zuweisung an ein bestimmtes Grab ist bislang nicht gelungen, so dass auch die Identität des Grabbesitzers unbekannt bleibt.

Die Erwerbung thebanischer Wandmalereien unterliegt heute einer besonders sorgfältigen Prüfung ihrer Herkunft. Zu viel Raubbau ist in den letzten zwei Jahrhunderten in den Felsgräbern gegenüber von Luksor betrieben worden, und noch heute sind immer wieder frische Fehlstellen in den Grabwänden zu beobachten. Eine Recherche beim Art Loss Register in London war also die unbedingte Voraussetzung für eine Kaufentscheidung. In der Auskunft vom 15. Juli 2003 heißt es zu allen drei Fragmenten: We certify that this item has not, to the best of our knowledge, been registered as stolen or missing on our database of stillen and missing art nor has a claimant reported this work to us as a loss between 1933 and 1945. Letztere Feststellung ist von Bedeutung, falls es sich um enteigneten jüdischen Besitz handeln sollte.

Zunächst steht eine sorgfältige restauratorische Überprüfung der modern übermalten und ergänzten Malereien an, um den Originalbestand zu definieren und modeme Restaurierungen abzunehmen. In einem nächsten Arbeitsschritt soll versucht werden, alle fünf Elemente zu einem Kontext zusammenzufügen und damit für das Berliner Ägyptische Museum ein großformatiges Ensemble thebanischer Wandmalerei aus einer, Epoche zu gewinnen, die in den Anfang der Blütezeit ägyptischer Malerei des Neuen Reiches gehört.

Die Mitteilung über die Zugehörigkeit der Fragmente zu den beiden Berliner Malereien veranlasste den Auktionator, unserem Vorschlag zu entsprechen, Lot 425 aus der Auktion zu nehmen und uns zu einem von uns vorgeschlagenen Festpreis zu überlassen. In einer Zeit leerer öffentlicher Kassen war es - wie schon so oft - der Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums Berlin, der die Voraussetzung schuf, diese Gelegenheit nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen. Am 21. November 2003 konnte ich die Fragmente, die für uns bei den Kollegen im British Museum hinterlegt worden waren;' in London in Empfang nehmen und persönlich nach Berlin bringen. Schon am 22. November fand die erste Gegenüberstellung der vor 103 Jahren erworbenen Stücke und der Neuzugänge statt, als Generalprobe für die Präsentation vor dem Vorstand und Kuratorium des Fördervereins am folgenden Tag.

Dietrich Wildung
(Artikel der Mitgliederzeitschrift aMun)

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