Sonstiges:
Eine Sonderausstellung des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung - Staatliche Museen zu Berlin in Kooperation mit der Arab-German Young Academy of Sciences and Humanities (AGYA) und dem Ägyptischen Ministerium für Tourismus und Antiken, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Land Berlin und aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds (HKF)
Elephantine ist eine Nil-Insel im Süden Ägyptens. In diesem Handels- und Grenzzentrum lebte eine einmalig diverse multilinguale, multikulturelle und multireligiöse Bevölkerung. Es ist der einzige Ort, an dem Kulturgeschichte durch schriftliche Quellen über einen Zeitraum von 4.000 Jahren 'nachgelesen' werden kann. Tausende Texte sind auf Papyrus oder Tonscherben in zehn verschiedenen Sprachen und Schriften verfasst (u.a. Hieroglyphen, Aramäisch, Koptisch, Arabisch). Sie werden heute in 60 Sammlungen in 24 Ländern aufbewahrt und wurden in Berlin in einem großen europäischen Forschungsprojekt erschlossen. In dieser weltweit ersten umfangreichen Ausstellungs-Präsentation werden herausragende Berliner Objekte mit ausgewählten internationalen Spitzenstücken gezeigt. Die vielfältigen Inhalte der Texte werden durch archäologische Funde kontextualisiert und zeitgenössisch interpretiert. So wird die Nil-Insel Elephantine auf der Museumsinsel Berlin erlebbar.
Berlin beherbergt eine der weltweit größten Sammlungen zu Elephantine neben dem Louvre und dem Brooklyn Museum, die beide als Kooperationspartner*innen der Ausstellung fungieren. Die Texte berichten von Pluralität, Familie, Religion, Handel, Recht oder Medizin. Was können wir heute von Elephantine lernen? Im Dialog mit den Mitgliedern der Arab-German Young Academy of Sciences and Humanities (AGYA) wurden aktuelle Perspektiven für die Ausstellung reflektiert. Partizipativ sind letztlich die Besucher*innen zu den hoch relevanten Themen der Ausstellung involviert: Denn Elephantine ist ein einzigartiges Modell aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft. Mit der Ausstellung wird zugleich das 10-jährige Bestehen von AGYA und eine Dekade erfolgreicher deutsch-arabischer Forschungskooperation und Wissenschaftsdiplomatie gefeiert. Wissenschaftler*innen aus 22 arabischen Staaten und Deutschland widmen sich hier in interdisziplinärer Forschung gemeinsamen Lösungsansätzen globaler gesellschaftlicher Herausforderungen.
Die Ausstellung ist dreisprachig konzipiert (arabisch/englisch/deutsch) und entsteht in Co-Kuration mit dem Ägyptischen Ministerium für Tourismus und Antiken (SCA). Sie erstreckt sich über zwei Teile: der erste Teil widmet sich in der James-Simon-Galerie der Thematik 'Zeit' auf Elephantine. Mit einem großen Zeitstrahl wird die besondere Zeitdimension von 4.000 Jahren Kulturgeschichte verdeutlicht und Elephantine in Themeninseln erlebbar gemacht. Vom dritten vorchristlichen Jahrtausend bis in die Zeit nach der arabischen Eroberung zeugen die Quellen von der Diversität des gesellschaftlichen Zusammenlebens, der Religionsvorstellungen oder wissenschaftlichen Errungenschaften wie zum Beispiel im Bereich der Medizin.
Die Sonderausstellung hat sich dem Prinzip Sehen-Hören-Tasten-Riechen verschrieben. Die Materialität der Textträger, wie Papyrus, Pergament oder Tonscherben, wird haptisch durch Taststationen erfahrbar gemacht, ein Gewürzmarkt regt die Sinne an und zeitgenössische Künstler*innen interpretieren die Themen der Texte auf ihre eigene Weise: Eine europäische Geruchskünstlerin und ägyptische DJs und Djanes lassen beispielsweise Elephantine durch ihre Kompositionen in besonderer Weise erfahrbar werden.
Im zweiten Teil der Ausstellung im Neuen Museum geht es um den 'Raum' Elephantine. Mit einem großen Modell wird die Dimension der Insel mit ihrer Region inszeniert. Es folgt Wissenschaft zum Anfassen und Mitmachen: Nach siebenjähriger Forschung, finanziert durch den Europäischen Wissenschaftsrat (ERC Grant) unter dem Titel 'Localizing 4000 Years of Cultural History. Texts and Scripts from Elephantine Island in Egypt', konnten erstmals mehr als 10.000 Papyri und Ostraka aus Elephantine durch ein internationales Forschungsteam weltweit digital erschlossen werden. Dieses Projekt wird den Besucher*innen interaktiv nahegebracht, etwa durch ein internationales Papyrus-Puzzle. Ebenso wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Mathematiker*innen und Physiker*innen erfahrbar gemacht, die es ermöglichte, geschlossene Papyri und Papyruspäckchen zum ersten Mal in der Geschichte der Papyrusforschung 'virtuell' lesbar zu machen.
Ein reich bebilderter Katalog ist im Kulturverlag Kadmos erschienen. Zur Ausstellung wird ein umfangreiches Bildungs- und Vermittlungsprogramm angeboten, das mit Studierenden des Instituts für Altorientalische und Hellenistische Religionsgeschichte der Humboldt Universität zu Berlin reflektiert wurde.
Bilderliste (zur Bilddarstellung bitte anklicken)
d Demotischer Brief des Persischen Satrapen Farandata an die Priester des Gottes Chnum von Elephantine wegen möglicher Stellenbesetzungen, Detail © Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Staatliche Museen zu Berlin / Sandra Steiß
d Hieroglyphisches magisches Papyrusfragment aus Elephantine. Ein Königschreiber kann durch Magie einen abgeschnittenen Kopf wieder ansetzen. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß
d Opferbecken des Königs Ptolemaios I. für die Göttinnen Satet und Anuket © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß